Auswirkungen der Corona-Beschränkungen auf das Mobilitätsverhalten
In Zeiten der Pandemie hat sich das Mobilitätsverhalten in Deutschland gravierend verändert. Durch die verschiedenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wie verhängte Ausgangssperren und geschlossene Kultur- und Freizeitzentren ist die Verkehrsnachfrage deutlich gesunken. Die Schließung verschiedener Branchen wie beispielsweise Clubs und Friseure, Gaststätten und Schulen sowie die Begrenzungen privater Begegnungen haben zu Veränderungen im Mobilitätsverhalten geführt und zu einem Wechsel des Fortbewegungsmittels. So wurde das Fahrradfahren beliebt. Dabei hat nicht nur die Verwendung von Fahrrädern als Fortbewegungsmittel an Bedeutung gewonnen, sondern es hat sich durch die Pandemie viel mehr verändert.
Seit 1994 führt das Institut für Verkehrswesen im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums das Deutsche Mobilitätspanel (MOP) als Studie zum Mobilitätsverhalten der in Deutschland lebenden Bevölkerung durch. Dank wissenschaftlicher Begleitung und professioneller Auswertung gibt der Bericht Auskunft über Alltagsmobilität und Fahrleistung der Deutschen. Das Karlsruher Institut für Technologie, kurz KIT, hat sich mit den Auswirkungen von Corona auf das Mobilitätsverhalten eingehend beschäftigt. Dabei wurden alle Phasen der Pandemie untersucht. Studien haben gezeigt, dass sich die Verkehrsleistung im Herbst 2020 – gemessen am Vorjahr – um fast 20 Prozent verringert hatte. Noch gravierendere Rückgänge der Verkehrsleistung waren im Winter 2020/2021 zu verzeichnen.
Alltägliche Fahrten und Fernreisen
Die Covid-19-Pandemie hatte Auswirkungen auf alle Lebensbereiche. Um die Verbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, haben Bund und Länder unterschiedliche Maßnahmen beschlossen, die nicht nur Auswirkungen auf das öffentliche Leben, sondern auch auf die Mobilität zeigten. Pandemiebedingt haben sich neue Verhaltensweisen entwickelt. Viele vermieden unnötige Wege und blieben öfter in den einegen vier Wänden. Der Anteil der Menschen, die täglich ihren Wohnsitz verlißen, sank rapide, was sicher auch durch die Möglichkeit zum Home Office bedingt war. Vor allem entferntere Ziele wurden nicht aufgesucht. So fielen während der Pandemiebeschränkungenvermehrt Urlaubsreisen und Wochenendausflüge aus. #Beherbergungsverbot
Fahrrad, Auto und öffentlicher Verkehr
Nicht alle Verkehrsmittel sind vom Rückgang gleichermaßen betroffen. Der Autoverkehr zeigt stabile Werte, was er seiner Möglichkeit der isolierten Forbewegung verdankt. Fahrrad- und Fußverkehr haben ebenfalls stark zugelegt. Spielte im Herbst 2020 das Fahrrad die größte Rolle, so verlagerte sich die Fortbewegung im Winter mit sinkenden Temperaturen, Schneefall und vereisten Straßen auf das Zufußgehen. (Eine Fitnessstudie könnte hier sicher interessante Ergebnisse liefern, die von extremer Gewichtszunahme bis verbesserter Herz/Kreislauf Aktivität reicht.) In diesem Zeitraum wurden 34 Prozent der Wege von den Bürger*innen zu Fuß zurückgelegt. Vergleichsstudien aus dem Jahr 2019 ergaben nur 21 Prozent. Fehlende Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung gelten als Hauptursache für diese Entwicklung. Spazierenn wurde plötzlich Breitensport, was man an vollen Parks und Wanderwegen sah, denn der Weg in die nächste Kletterhalle oder in das Fitnesscenter entfiel. Stattdessen wurden die Spaziergänge in nächster Umgebung ausgeführt.
Große Einbrüche hatten die öffentlichen Verkehrsmittel Bus, Straßenbahn und Zug zu verzeichnen. Die Gründe dafür liegen, wie schon oben erwähnt, hauptsächlich im Homeoffice und im Homeschooling. Arbeitsplätze von Büroangestellten liegen überwiegend im innerstädtischen Bereich und sind ebenso wie Schulen mit dem öffentlichen Verkehr gut zu erreichen.
Während im Jahr 2019 noch 11% aller Wege mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt wurden, sank im Herbst 2020 der Wert auf 8 Prozent und erreichte im darauffolgenden Winter sechs Prozent. Bezüglich der Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten ergab die Vergleichsstudie zwischen 2019 und 2020 interessante Ergebnisse. Laut Untersuchungsergebnis vom Jahr 2019 gaben 67% der Befragten in der Studien an, keine Möglichkeit auf Homeoffice zu haben. Im Jahr 2020 sank dieser Wert auf 45%.
Corona – Impuls für Verkehrswende
Die Pandemie hat das Verhalten der Bewohner Deutschlands in vielen Bereichen verändert. Neben einer veränderten Freizeitgestaltung zählt auch die Nutzung digital basierter Services wie Lieferdiensten, Onlineeinkäufen oder Online-Banking zu den Auswirkungen. Die Pandemie brachte also einem Großteil der Bevölkerung die Möglichkeiten des Internets näher. Forscher und auch wir sind der Meinung, dass diese Entwicklungen zukünftig positiv für den Klimaschutz, die Wohnungssituation in Großstädten und ein Impuls für die Verkehrswende sein werden. Die Verlagerung von Mobilität in digitale Welten wie beispielsweise Schulunterricht, Services und Freizeitgestaltung trägt zu dieser Entwicklung bei. Wobei derzeit nicht absehbar ist, wie nachhaltig diese Verhaltensänderungen sein werden. Experten gehen jedoch davon aus, dass die Pandemie bei bestimmten Prozessen trendverstärkend gewirkt hat. Das erklärte Ziel, den physischen Verkehr langfristig zu reduzieren, soll mithilfe virtueller Werkzeuge und Formate erreicht werden.
Hat die Änderung im Mobilitätsverhalten Bestand?
Ob dieser Trend anhält, wird sich erst nach Ende der Pandemie und der damit verbundenen Beschränkungen zeigen. Dabei zählt hier das Verhalten jedes Einzelnen. Bist du bereit, auf unnötige Fahrten oder auf Fernreisen zu verzichten? Wirst du auch nach Corona mehr Zeit zu Hause verbringen und in Deutschland Urlaub machen? Vermisst du deine Arbeitskollegen und das Arbeitsklima in der Firma oder gefällt dir die Arbeit im Homeoffice? Diese und viele andere Faktoren werden die Ergebnisse in den nächsten Mobilitätsstudien beeinflussen.