Der technische Fortschritt hat immer wieder Erstaunliches hervorgebracht: das Rad, später das Fahrrad, Boote und Schiffe, die Eisenbahn, Motorräder, Autos und Lastkraftwagen, Flugzeuge und Raketen, mittlerweile E-Scooter, die ihr auch mit der SIXT App anmieten könnt, und selbstfahrende Autos, die noch in der Erprobung sind. Umso spannender ist es, was wohl als Nächstes die Marktreife erlangt und uns allen den Alltag und insbesondere unsere Art, zu Reisen und uns fortzubewegen, beeinflussen wird.
Darum möchten wir euch an dieser Stelle das Lufttaxi vorstellen, einen Mix aus Hubschrauber und Flugzeug, das euch auf Abruf wie ein Taxi von A nach B bringen wird und daher auf jeden Fall ein heißes Eisen werden wird. Der Individualverkehr wird damit in die Luft gebracht – so ähnlich wie es uns bereits Science-Fiction-Filme wie “Star Wars”, “Das fünfte Element” oder Bullys “(T)Raumschiff Surprise” vorgemacht haben.
Das ist zwar noch reine Zukunftsmusik, aber die ersten Firmen weltweit arbeiten bereits an der Umsetzung und Markteinführung ihrer Lufttaxi-Modelle – darunter auch das deutsche Unternehmen Lilium, das wir interviewt haben. Wir stellen euch in diesem Artikel die verschiedenen Fluggeräte und deren Technik vor und schauen, ab wann ihr voraussichtlich mit dem Lufttaxi abheben könnt – Aerial Urban Ridesharing sei dank.
Lilium Jet
Der Lilium Jet sieht aus wie eine futuristische Mischung aus einem Flugzeug, Hammerhai und Rochen und macht allein durch sein Äußeres sehr viel her. Aufgrund der modernen Technik kann der Lilium Jet sogar senkrecht starten und landen, was extrem wichtig ist, um punktgenau landen zu können und lange Start- und Landebahnen, wie sie Flughäfen besitzen, nicht zwingend nutzen zu müssen. Daher ist auch eine innerstädtische Nutzung für das Lufttaxi grundsätzlich möglich.
Der Lilium Jet bietet Platz für vier Passagiere und einen Piloten, eine Reisegeschwindigkeit bis zu 300 km/h und eine Reichweite von 300 Kilometern. Das sind sehr beeindruckende Werte, denn so ließen sich schon bald die Strecken Berlin–Kiel, Hamburg–Dortmund oder München–Frankfurt/Main in nur einer Stunde zurücklegen.
Die Lilium GmbH wurde 2015 gegründet und das Gründerteam besteht aus ehemaligen Studenten der Technischen Universität München. Heute arbeiten bereits über 400 Personen bei Lilium an der Vision des Lilium Jets, der als Lufttaxi hoffentlich ab 2025 in verschiedenen Städten weltweit abheben wird.
Interview mit Lilium
Wir haben dem Team von Lilium einige Fragen zum Projekt Lilium Jet gestellt. Das Interview über deren Lufttaxi könnt ihr hier lesen:
Wie weit ist die Entwicklung und Erprobung bereits fortgeschritten? Woran muss noch geforscht und entwickelt werden?
In den letzten fünf Jahren haben wir uns von einem vierköpfigen Gründerteam, das an maßstabsgetreuen Prototypen arbeitete, zu einem großen Team mit über 400 Personen entwickelt. Wir arbeiten nun an der Technologie der Vorführmodelle in Originalgröße, die wir schon jetzt mit Geschwindigkeiten von über 100 km/h fliegen können.
Die Technologie zum Fliegen des Lilium Jets existiert schon heute, aber es gibt natürlich ein strenges Testverfahren, das erforderlich ist, um den Lilium Jet für die öffentliche Nutzung zuzulassen. Wir kommen damit gut voran und planen, bereits 2025 in zwei oder drei Regionen der Welt unseren Dienst einzuführen.
Wenn man etwas weiter in die Zukunft blickt, dann ist das autonome Fliegen sicherlich möglich, erfordert aber noch Forschung und Entwicklung.
Wenn die Zulassung da ist, wie schnell können Sie produzieren und die Lilium Jets (flächendeckend) in die Luft bringen?
Nachdem wir gerade unsere erste Produktionsanlage an unserem Hauptstandort in München fertiggestellt haben, konzentrieren wir uns nun auf die Weiterentwicklung unseres Vorführflugzeugs. Sobald dies abgeschlossen ist, wird es die Grundlage für unsere erste Serienproduktion darstellen und unseren Markteintritt im Jahr 2025 unterstützen.
Was erwarten Sie von der Bundesregierung bzgl. der Gesetze für den individuellen Luftverkehr?
Die Vorschriften für das Fliegen solcher Flugzeuge besteht bereits und ist zudem der Standard für die Zulassung von Flugzeugen für den öffentlichen Flug. Längerfristig stellt sich jedoch die Frage, wie wir ein höheres Flugaufkommen in den bestehenden Luftraum integrieren können.
Wo wir noch eine Lücke zu schließen haben, ist die öffentliche Akzeptanz. Dafür müssen wir hart arbeiten, um die Vorteile unseres Dienstes in einem bestimmten Gebiet zu erklären, indem wir den leisen und emissionsfreien Fußabdruck des Lilium Jets hervorheben.
Das Flugzeug wird nach den gleichen Sicherheitsstandards zertifiziert sein wie die heutigen Verkehrsflugzeuge.
Gibt es nebenher bereits Pläne für einen autonomen Lilium Jet? Oder Lilium Jets in größerer oder kleiner Variante?
Der Lilium Jet wird zu autonomen Flügen fähig sein, aber zur anfänglichen Inbetriebnahme mit einem Piloten fliegen. Das Flugzeug wird jedoch bereits einen Großteil der Aufgaben übernehmen, wobei ein dreifach redundantes Flugsteuerungssystem an Bord die Ausbalancierung des Antriebschubs in jedem der 36 Triebwerke steuert. Dabei wird unterschiedliche Leistung verwendet, um die für die Navigation und Stabilität erforderlichen Richtungsänderungen vorzunehmen.
Wir haben ein weltweit führendes Team von Autonomie-Experten unter der Leitung von Mirko Reuter, der zuvor das Autonomie-Fahrprogramm von Audi leitete, um unser Autonomie-Programm zu entwickeln. Wir sind zuversichtlich, dass die Technologie vorhanden ist, um ein vollständig autonomes Fliegen in dem von uns vorgesehenen Zeitrahmen zu ermöglichen.
Da das Flugzeug zunächst mit einem Piloten fliegen wird, wird es vier Passagiersitze zur Verfügung haben. Sobald ein autonomer Flug möglich ist, erhöht sich die Zahl der Passagiersitze auf fünf.
Zu welchem Preis würden Sie beispielsweise die Strecke Berlin – Hamburg anbieten? Sind Sie konkurrenzfähig in der Preisgestaltung gegenüber Bus, Bahn und Flugzeug?
Wir streben wettbewerbsfähige Preise im Vergleich mit dem nächstbesten alternativen Verkehrsmittel. Für kurze Distanzen könnte der Preis daher mit einem Taxi oder einem Ride-Hailing-Service vergleichbar sein, während längere Distanzen mit Kurzstreckenflügen vergleichbar wären. Auf jeder Strecke würden wir versuchen, zum gleichen Preis eine Zeitersparnis von mindestens 50% zu bieten.
Wie sieht Ihre Zielgruppe aus?
Zu unserer Zielgruppe gehört jeder, der schnell und umweltfreundlich reisen möchte. Wir bei Lilium träumen von einer Welt, in der jeder fliegen kann, überall und jederzeit. Der Straßenverkehr und Staus sind bedeutende Probleme der Mobilität. Wir glauben jedoch, dass die Auswirkungen des Verkehrs auf den Menschen ein größeres Thema sind. Wir wollen, dass die Menschen weniger Zeit im Verkehr verbringen und mehr Zeit für Familie und Freunde und für die wichtigen Dinge im Leben haben.
VoloCity
Ein weiteres Start-up aus Deutschland ist Volocopter, deren Lufttaxi VoloCity speziell für innerstädtische Flüge konzipiert ist. Mit einer Fluggeschwindigkeit von 110 km/h und einer Reichweite von etwa 35 Kilometern ist der VoloCity im Gegensatz zum Lilium Jet für kürzere Strecken geeignet. Die 18 Rotoren, die den VoloCity auf dem ersten Blick wie ein Helikopter erscheinen lassen, sollen eine hohe Effizienz und Flugstabilität haben. Platz an Bord gibt es für zwei Passagiere und deren Handgepäck.
Volocopter hat auch bereits einen Prototyp für den Landeplatz vorgestellt bzw. für den Lufttaxi-Bahnhof, der sich ganz passend Voloport nennt.
CityAirbus
CityAirbus ist das Lufttaxi-Projekt des europäischen Flugzeugherstellers Airbus und erinnert rein optisch an einen Mix aus Hubschrauber und Drohne. Der CityAirbus soll Platz bieten für vier Passagiere. Ein Pilot ist nicht vorgesehen, da ein autonomer Betrieb geplant ist. Das bedeutet allerdings auch, dass der CityAirbus nur auf festen Strecken pendeln wird, also keine individuellen Reiseziele anfliegen wird. Trotzdem ist dieses Lufttaxi für Pendler auf dem Weg zwischen Zuhause und dem Arbeitsort eine tolle Alternative, da sich die Pendelstrecke natürlich deutlich schneller zurücklegen lässt als beispielsweise mit dem eigenen Pkw auf verstopften Straßen in der Rushhour.
Die Geschwindigkeit wird mit maximal 120 km/h angegeben und die Reichweite mit einer Akkuladung mit ca. 50 Kilometern. Der Prototyp des CityAirbus wird derzeit in Manching bei Ingolstadt entwickelt und erprobt. Wir dürfen gespannt sein und haben weiterhin ein Auge auf das Lufttaxi.
CityAirbus ist ein autonom fliegendes, senkrecht startendes und landendes batteriebetriebenes Elektroluftfahrzeug für den Passagiertransport im städtischen Luftverkehr. CityAirbus ist für die schnelle, kostengünstige und umweltverträgliche Beförderung von bis zu vier Fluggästen in verkehrsreichen Städten ausgelegt.
airbus.com
Rechtliche Fragen zum Lufttaxi
Aktuell gibt es noch keine Gesetze bezüglich elektrischer Luftfahrzeuge im Stadtverkehr. Diese müssen zuerst festgelegt werden bevor die Lufttaxis bald über unseren Köpfen fliegen werden. Dafür müssen diese wiederum in der Entwicklung soweit fortgeschritten sein, dass sie vor allem sicher, aber auch umweltfreundlich und klimaneutral sind. Und dann wird sich die Frage stellen, ob ein Betrieb aus Kostengründen sinnvoll ist. Wir sind gespannt und werden das Thema Lufttaxi weiter im Auge behalten – denn ganz sicher ist das Lufttaxi ein Teil der Zukunft und der zukünftigen Mobilität.